Die Haltung von Wasserschildkröten ist komplex und erfordert, wie bei Landschildkröten, eine gründliche Vorbereitung und viel Fachwissen. Es gibt eine Vielzahl von Wasserschildkrötenarten mit unterschiedlichen Bedürfnissen, daher ist es entscheidend, sich vor der Anschaffung genau über die spezifischen Anforderungen der gewählten Art zu informieren. Hier sind allgemeine wissenswerte Punkte für die Haltung von WasserschildkrötenArtenvielfalt und Artenwahl:
Vielfältigkeit: Es gibt viele verschiedene Wasserschildkrötenarten (z.B. Schmuckschildkröten, Moschusschildkröten, Schlammschildkröten, Höckerschildkröten), die sich in Größe, Verhalten, Ernährung und Haltungsansprüchen stark unterscheiden.
Endgröße beachten: Viele Arten, die als Jungtiere klein und niedlich erscheinen, können sehr groß werden (z.B. Rotwangen-Schmuckschildkröten bis zu 30 cm Panzerlänge). Die Beckengröße muss der Endgröße des Tieres angepasst sein.
Artgerechte Bedingungen: Jede Art hat spezifische Anforderungen an Wassertemperatur, Landteil, Beleuchtung und Ernährung. Eine ausführliche Recherche ist unerlässlich.
Haltungseinrichtung: Aquaterrarium oder Teich:
Aquaterrarium: Dies ist die gebräuchlichste Haltungsform für die meisten Wasserschildkrötenarten. Es muss sowohl einen großzügigen Wasserteil als auch einen gut zugänglichen Landteil bieten.
Wasserteil:
Größe: Die Beckengröße hängt stark von der Endgröße und Schwimmfreudigkeit der Art ab. Als Faustregel gilt: für eine Schildkröte mit 15 cm Panzerlänge sollte das Aquarium mindestens 100 x 50 x 50 cm messen. Größere Arten benötigen entsprechend größere Becken (z.B. für 30 cm Panzerlänge 200 x 80 x 80 cm). Generell gilt: Je größer, desto besser.
Wasserstand: Der Wasserstand sollte so tief sein, dass die Schildkröte auf dem Rücken liegend den Kopf aus dem Wasser strecken kann. Für schwimmfreudige Arten wie Zierschildkröten sind lange Schwimmbahnen und ein hoher Wasserstand wünschenswert.
Filterung: Ein leistungsstarker Außenfilter ist unerlässlich, um das Wasser sauber zu halten. Wasserschildkröten produzieren viel Abfall.
Wasserheizung: Je nach Art kann ein Heizstab notwendig sein, um die Wassertemperatur konstant zu halten (oft zwischen 22-26°C). Tropische Arten benötigen höhere Temperaturen als Arten aus gemäßigten Zonen.
Einrichtung: Versteckmöglichkeiten (Wurzeln, Steine, Röhren), aber auch Schwimmpflanzen und robuste Unterwasserpflanzen (die eventuell gefressen werden) sollten vorhanden sein. Der Bodengrund sollte aus feinem Quarzsand oder feinem Kies bestehen, der nicht verschluckt werden kann.
Landteil:
Zugänglichkeit: Der Landteil muss für die Schildkröte gut zugänglich sein (z.B. über eine Rampe, Äste oder Korkrinde).
Trockenheit: Er muss vollständig trocken sein, damit die Schildkröte sich abtrocknen und sonnen kann. Dies ist wichtig zur Vorbeugung von Panzerkrankheiten und Pilzinfektionen.
Sonnenplatz: Über dem Landteil muss ein Sonnenplatz mit einer geeigneten Wärmelampe (Spotstrahler, Halogen-Metalldampf-Lampe) und einer UV-B-Lampe installiert werden. Die Temperatur auf dem Sonnenplatz sollte je nach Art 35-45°C erreichen, um die Wärmeregulierung und Vitamin-D3-Synthese zu ermöglichen.
Eiablageplatz (für Weibchen): Wenn weibliche Tiere gehalten werden, muss ein grabfähiger Eiablageplatz mit einer Mischung aus Sand und Erde (mind. 20-30 cm tief) vorhanden sein. Auch wenn keine Männchen vorhanden sind, können unbefruchtete Eier gelegt werden.
Gartenteich (nur für bestimmte Arten): Für einige winterharte Arten wie Zierschildkröten kann die Haltung im Gartenteich in den Sommermonaten eine sehr artgerechte Alternative sein.
Tiefe: Der Teich sollte an der tiefsten Stelle mindestens 80-100 cm tief sein, um ein Durchfrieren im Winter zu verhindern (falls Winterstarre im Teich geplant ist).
Sonneneinstrahlung: Der Teich sollte ausreichend Sonne abbekommen, damit sich die Sonnenplätze erwärmen.
Landteil: Ein gut strukturierter Landteil mit Sand-Erde-Gemisch zum Sonnenbaden und zur Eiablage ist auch hier unerlässlich.
Ausbruchsicherung: Der Teich muss ausbruchsicher umzäunt sein (Zaunhöhe = mindestens 2x Panzerlänge).
Fressfeinde: Schutz vor Fressfeinden (Katzen, Marder, Vögel) ist wichtig.
Ernährung:
Omnivore (Allesfresser) oder Carnivore (Fleischfresser): Die meisten Wasserschildkrötenarten sind omnivor, wobei der Anteil an tierischer und pflanzlicher Nahrung je nach Art und Alter variiert. Jungtiere fressen meist mehr tierische Kost, adulte Tiere tendieren mehr zu pflanzlicher Nahrung. Es gibt aber auch rein karnivore Arten (z.B. Schnappschildkröten) oder eher pflanzenfressende Arten.
Pflanzliche Nahrung: Wasserpflanzen (Wasserpest, Hornkraut, Muschelblume, Wasserlinsen, Froschbiss), aber auch Wildkräuter wie Löwenzahn, Spitzwegerich und Brennnessel sollten einen Großteil des Futters ausmachen. Diese können immer zur Verfügung stehen.
Tierische Nahrung: Kleintiere wie Fische (Guppys, Moderlieschen, Stinte), Bachflohkrebse, Mückenlarven, Regenwürmer, Insekten (Heimchen, Heuschrecken), Garnelen, Muscheln und seltener Rinderherz oder Mäuse (als Ganzfuttertier) sind geeignete Futtertiere. Die Häufigkeit der Fütterung hängt von Art und Alter ab (Jungtiere täglich oder alle zwei Tage, Adulte 2-3 Mal pro Woche).
Kalkzufuhr: Sepiaschalen oder Algenkalk sollten immer zur Verfügung stehen, um den Kalziumbedarf zu decken und Rachitis vorzubeugen.
Fertigfutter: Fertigfutter sollte nur einen geringen Anteil der Nahrung ausmachen und nicht als Alleinfuttermittel dienen.
Kein Obst und Gemüse: Obst und Gemüse ist für Wasserschildkröten meist ungeeignet und kann zu Verdauungsproblemen führen.
Wasserqualität und Hygiene:
Regelmäßiger Wasserwechsel: Regelmäßige Teilwasserwechsel (ca. 25-50% des Wassers wöchentlich) sind trotz Filterung wichtig, um Nitrat- und Nitritwerte niedrig zu halten.
Filterwartung: Der Filter muss regelmäßig gereinigt werden.
Wassertests: Gelegentliche Wassertests (pH-Wert, Nitrat, Nitrit) geben Aufschluss über die Wasserqualität.
Winterstarre (Hibernation) oder Winterruhe:
Artabhängig: Viele Wasserschildkrötenarten (z.B. die meisten Schmuckschildkröten) halten eine Winterstarre (oft 3-5 Monate bei 4-8°C). Andere Arten (z.B. tropische Arten) halten keine Winterstarre, sondern eine verminderte Aktivitätsphase oder eine „Winterruhe“ bei leicht gesenkten Temperaturen.
Vorbereitung: Die Vorbereitung auf die Winterstarre beginnt im Herbst mit der Reduzierung der Beleuchtungsdauer und Wassertemperatur. Die Tiere stellen die Nahrungsaufnahme ein und entleeren ihren Darm. Eine Kotuntersuchung auf Parasiten ist ratsam.
Durchführung:
Kühlschrank: Eine kontrollierte Überwinterung im Kühlschrank in einer mit feuchtem Substrat (Moos, Buchenlaub) gefüllten Box ist eine sichere Methode, um konstante Temperaturen zu gewährleisten.
Kalter Raum: Auch kühle Kellerräume oder unbeheizte Räume können sich eignen, wenn die Temperatur konstant im optimalen Bereich (4-8°C) gehalten werden kann.
Teichüberwinterung: Nur für sehr winterharte Arten in gut vorbereiteten, frostsicheren Teichen und bei sachgemäßer Durchführung.
Bedeutung: Die Winterstarre ist für die Gesundheit vieler Arten unerlässlich und fördert die Langlebigkeit und Fortpflanzungsfähigkeit.
Rechtliche Bestimmungen:
Meldepflicht: Viele Wasserschildkrötenarten, insbesondere die Rotwangen-Schmuckschildkröte (Trachemys scripta elegans) und einige andere Arten, sind im Anhang B oder A des Washingtoner Artenschutzübereinkommens (WA) gelistet und unterliegen der Meldepflicht. Jeder Zu- und Abgang oder Verlust muss der zuständigen Naturschutzbehörde gemeldet werden.
Herkunftsnachweis: Tiere dürfen nur mit den vorgeschriebenen Herkunftsnachweisen erworben und abgegeben werden.
Kennzeichnungspflicht: Je nach Art und Größe kann eine Kennzeichnung (z.B. Fotodokumentation, Mikrochip) vorgeschrieben sein.
Gruppenhaltung und Sozialverhalten:
Einzelgänger: Die meisten Wasserschildkröten sind Einzelgänger und sollten einzeln gehalten werden, da es oft zu Stress, Revierkämpfen und Beißereien kommen kann, besonders zwischen Männchen.
Weibchengruppen: Manchmal ist die Haltung von reinen Weibchengruppen (mit ausreichend Platz und Versteckmöglichkeiten) möglich, aber auch hier können Dominanzverhalten und Aggressionen auftreten.
Männchen und Weibchen: Die gemeinsame Haltung von Männchen und Weibchen ist nur mit mehreren Weibchen (Harem) und sehr viel Platz ratsam, da Männchen die Weibchen sonst stark bedrängen können.
Langlebigkeit:
Wie Landschildkröten können auch Wasserschildkröten sehr alt werden (20-50 Jahre und mehr), wenn sie artgerecht gehalten werden. Dies ist eine langjährige Verpflichtung, die man vor der Anschaffung bedenken muss.
Fazit:
Die Haltung von Wasserschildkröten ist ein anspruchsvolles Hobby. Es ist von größter Bedeutung, sich umfassend über die spezifischen Bedürfnisse der gewählten Art zu informieren und diese konsequent umzusetzen. Ein ausreichend großes, artgerecht eingerichtetes Aquaterrarium oder ein geeigneter Teich, eine ausgewogene Ernährung und die Einhaltung der Winterstarre (falls für die Art relevant) sind entscheidend für ein gesundes und langes Leben der Tiere. Der Kontakt zu erfahrenen Haltern, Züchtern oder Schildkrötenauffangstationen kann bei Fragen und Problemen sehr hilfreich sein.