Tauben – Herausforderungen und Gefahren in der Aufzucht

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Die Aufzuchtphase ist für junge Tauben mit zahlreichen Risiken verbunden, die zu einer hohen Mortalitätsrate führen, insbesondere im städtischen Umfeld.

Krankheiten

Junge Tauben sind aufgrund ihres noch unreifen Immunsystems besonders anfällig für Infektionskrankheiten.

Trichomoniasis (Gelber Knopf):

Diese durch den einzelligen Parasiten Trichomonas gallinae verursachte Erkrankung ist eine der häufigsten und gefährlichsten Bedrohungen für junge Tauben. Während bis zu 80% der Alttauben den Erreger in sich tragen, ohne sichtbare Symptome zu zeigen (latente Infektion), verläuft die Krankheit bei Nestlingen und Ästlingen oft schwerwiegend. Die Übertragung erfolgt hauptsächlich durch die Kropfmilch der infizierten Eltern oder über kontaminiertes Trinkwasser, an dem sich viele Vögel sammeln. Typische Symptome sind gelbe, käsige Beläge im Rachenraum und Kropf (daher der Name „Gelber Knopf“), die das Schlucken und Atmen behindern. Weitere Anzeichen sind Würgen von Futter, Futterverweigerung, Abmagerung, Schwäche, Durchfall, Wachstumsstörungen und bei Nestlingen auch Nabelentzündungen. Schwere Verläufe enden oft tödlich. Die Diagnose erfolgt durch den mikroskopischen Nachweis der beweglichen Einzeller in einem Kropfabstrich. Eine Behandlung ist mit spezifischen Medikamenten (z.B. Carnidazol, Metronidazol) durch einen vogelkundigen Tierarzt möglich und bei frühzeitiger Diagnose oft erfolgreich.

Andere Infektionen:

Weitere relevante Krankheiten sind Kokzidiose, verursacht durch Eimeria-Arten, die zu Darmentzündungen und (blutigem) Durchfall führen kann, besonders bei Jungtieren ab der 4. Lebenswoche. Salmonellose, meist durch taubenspezifische Stämme verursacht, die für Menschen in der Regel ungefährlich sind. Ornithose (Psittakose), eine durch Chlamydien verursachte bakterielle Infektion, deren Zoonose-Potential bei Stadttauben als gering eingeschätzt wird. Das Paramyxovirus (PMV) kann ebenfalls zu Erkrankungen führen. Generell erhöhen Stressfaktoren wie Überbesatz in Taubenschlägen, Transporte oder Ausstellungen die Anfälligkeit für Krankheiten.  

Parasiten

Tauben können von einer Vielzahl innerer und äußerer Parasiten befallen werden, die insbesondere Jungtiere schwächen können.

Ektoparasiten (Äußere Parasiten):

Diese leben auf der Haut oder im Gefieder. Dazu zählen Federlinge (Mallophaga), die Federn und Hautschuppen fressen und zu Gefiederschäden führen können. Verschiedene Milbenarten sind ebenfalls häufig: Blutsaugende Milben wie die Rote Vogelmilbe oder die Nordische Vogelmilbe befallen die Tauben oft nachts und können bei starkem Befall, insbesondere bei Nestlingen, zu Anämie führen. Federmilben leben auf den Federn , während Grab- oder Räudemilben Gänge in der Haut graben und Entzündungen verursachen. Auch Tauben- und Vogelzecken , Taubenflöhe und Lausfliegen können vorkommen. Ektoparasiten verursachen Juckreiz, Unruhe, Gefiederschäden und können durch Blutsaugen schwächen sowie Krankheitserreger übertragen. Gute Hygiene, regelmäßige Bademöglichkeiten und gegebenenfalls der Einsatz spezifischer Antiparasitika können helfen.  

Endoparasiten (Innere Parasiten):

Hierzu zählen vor allem Darmparasiten wie Spulwürmer und Haarwürmer, die zu Verdauungsstörungen, Abmagerung und Durchfall führen können. Kokzidien und Trichomonaden (siehe Krankheiten) sind ebenfalls Endoparasiten. Der Nachweis erfolgt in der Regel über eine Kotuntersuchung.

Unterernährung/Mangelernährung

Eine ausreichende Versorgung mit artgerechtem Futter (Körner, Saaten) ist entscheidend für das gesunde Wachstum der Jungtauben. Insbesondere in städtischen Gebieten leiden Tauben oft unter Nahrungsmangel oder sind auf ungeeignete Nahrungsquellen wie menschliche Essensreste angewiesen. Dies führt zu Mangelernährung, Wachstumsverzögerungen, einem geschwächten Immunsystem und macht die Tiere anfälliger für Krankheiten und Parasiten. Wenn die Elterntiere selbst unterernährt sind, können sie ihre Jungen nicht ausreichend versorgen, was die Überlebenschancen weiter reduziert.  

Prädation (Fressfeinde)

Eier, Nestlinge und insbesondere Ästlinge sind eine leichte Beute für eine Reihe von Fressfeinden. Zu den natürlichen Feinden zählen Greifvögel wie Habicht, Sperber und der in Städten zunehmend präsente Wanderfalke, sowie Eulen. Auch Rabenvögel, insbesondere Rabenkrähen und Elstern, sind dafür bekannt, Nester zu plündern oder flugunfähige Ästlinge zu erbeuten. Marderartige wie Steinmarder, Wiesel und Iltisse können ebenfalls Nester oder sogar Taubenschläge heimsuchen und sowohl Jung- als auch Alttiere töten. Hauskatzen stellen eine erhebliche Gefahr für Ästlinge dar, die sich am Boden aufhalten. Auch Ratten können Nester plündern und Küken töten.  

Witterungseinflüsse

Extreme Wetterbedingungen wie anhaltender starker Regen, Kälteeinbrüche oder große Hitze können für die noch nicht voll thermoregulationsfähigen Nestlinge und die ungeschützten Ästlinge lebensbedrohlich sein, vor allem wenn der Schutz durch das Nest oder die Elterntiere fehlt oder unzureichend ist. Insbesondere Winterbruten haben daher oft geringere Überlebenschancen.  

Überlebensraten/Mortalität

Die Sterblichkeit junger Tauben im ersten Lebensjahr ist generell hoch. Im urbanen Umfeld, insbesondere in Stadtzentren mit schlechten Nist- und Futterbedingungen, kann die Mortalitätsrate dramatische Werte von 80 bis 90% erreichen. Am Stadtrand sind die Bedingungen oft etwas besser, was zu Überlebensraten von etwa 55% führen kann. Auch bei wildlebenden Tauben wird die Verlustrate während der Aufzucht auf etwa 50% geschätzt. Zusätzlich zu den natürlichen Gefahren tragen anthropogene Faktoren wie Kollisionen mit Fenstern oder Fahrzeugen, das Verfangen in Netzen oder auf Klebefallen erheblich zur Mortalität bei.  

Die verschiedenen Gefahrenfaktoren wirken oft synergistisch. Ein unterernährtes Jungtier ist anfälliger für Infektionen und Parasitenbefall. Ein schlecht gewähltes Nest bietet weniger Schutz vor Witterung und Prädatoren. Die hohe Populationsdichte in Städten begünstigt die schnelle Ausbreitung von Krankheiten wie Trichomoniasis über gemeinsame Wasserquellen. Angesichts der hohen Prävalenz von Trichomonas gallinae bei Alttauben und der besonderen Anfälligkeit von Jungtieren stellt diese Krankheit eine der bedeutendsten spezifischen Bedrohungen während der Aufzuchtphase dar.